Bei den vorgegebenen Branchen drängt sich als erstes eine Aufteilung in zwei Cluster auf: eine Menge von Automobil-Branchen und eine weitere Menge von Branchen, die mit Kleidung zu tun haben. Diese Gruppierung erfasst nicht alle vorgegebenen Branchen. Branchen wie „Handel“ oder „fertigende Industrie“ gehören weder in den einen noch in den anderen Cluster, aber dazu gleich mehr.
Gleichzeitig fällt auf: Für einem der beiden Cluster gibt es einen eingeführten Oberbegriff („Automobilbranche“), der alle wirtschaftlichen Aktivitäten rund um die Produktkategorie „Automobil“ zusammenfasst. Beim anderen Cluster ist das nicht der Fall: der Begriff „Bekleidungsindustrie“ ist zwar verständlich, aber eher unüblich.
Alternativ können wir – um die Verwandtschaft dieser Branchen auszudrücken – „Kleidung“ als ein Objekt vom Typ Produktkategorie einführen und explizit mit den relevanten Branchen verknüpfen.
Eine alternative Aufteilung ist ev. etwas weniger intuitiv, erfasst aber alle vorgegebenen Branchen: die Gruppierung nach Art der Tätigkeit statt nach Produktkategorie. Hier sind die groben Cluster „Handel“ vs. „Produktion“ vs. „Dienstleistung“. Gegenüber unserer ersten, produktkategorie-orientierten Aufteilung ist das ein orthogonales Ordnungskriterium, d.h. die Auto-Branchen und die Kleidungsbranchen verteilen sich in die Handels-, Produktions- und Dienstleistungs-Cluster.
Ein drittes Kriterium, um einen Teil der Branchen einzuteilen, ist die klassische Einteilung nach Business-2-Business-Geschäft (B2B) vs. Business-2-Consumer-Geschäft (B2C), also die Frage ob Firmen an andere Fragen oder an (private) Endkonsumenten verkaufen.
Das kann ein wichtiges Kriterium sein, wenn wir diese Branchenklassifikation nutzen um Firmen anhand ihrer Kennzahlen zu vergleichen und Benchmarks zu bilden: Marketingausgaben oder Auftragsgrößen werden zwischen B2B- und B2C-Unternehmen nicht vergleichbar sein. Auf der anderen Seite sind Umsätze und Margen typischerweise zwischen Handel, Dienstleistung und Produktion sehr unterschiedlich. Für wieder andere Fragestellungen, z.B. für Risikobetrachtungen, kann unsere erste Aufteilung dagegen sehr hilfreich sein – von einer strukturellen Krise der Automobilbranche sind alle Firmen – von Herstellern bis Autohändlern – betroffen. Wenn schon in einer Anwendung alle möglichen Aufteilungen gebraucht werden: Welches Kriterium sollen wir wählen?
Der große Vorteil der Knowledge Graphen ist: wir müssen uns nicht entscheiden. Alle Ordnungskriterien, die gebraucht werden, können wir auch modellieren. Dass der daraus entstehende Graph komplex aussieht, sollte uns dabei nicht stören. Gerade die Endnutzer werden immer nur den relevanten Ausschnitt zu sehen bekommen.
Was haben wir gesehen? Es gibt bei unserer kleinen Branchenklassifikation, wie bei fast allen Modellierungsaufgaben. mehrere Möglichkeiten die Information zu organisieren. Welche davon die richtige ist, hängt davon ab welche Fragen ich mit dem Graph beantworten möchte. Gleichzeitig haben Knowledge Graphen den Anspruch, auch Fragen und use cases, die wir nicht im Detail voraussehen können, zu unterstützen. Hier hilft es sehr, dass wir unterschiedliche Ordnungskriterien in einem Graphen kombinieren können.